Pressespiegel
www.mz-web.de, 05.07.05
Studenten machen sich für Effi-Briest-Museum stark
Zerben/dpa. Seit Jahren wird im Schloss Zerben nordöstlich
von Magdeburg gehämmert, gebohrt und gebaut. Im zweiten Stock
soll ein Effi-Briest-Museum entstehen, denn das Schicksal der
hier geborenen und aufgewachsenen Elisabeth von Plotho (1853-1952)
diente dem Schriftsteller Theodor Fontane als Vorlage für
seinen weltberühmten Roman. Wegen finanzieller Probleme und
strenger Vorgaben des Denkmalschutzes geriet das Projekt immer
wieder ins Stocken. Jetzt machen sich Medienstudenten der Universität
Siegen (Nordrhein-Westfalen) für die Realisierung stark.
«Das ist ein weites Feld», schrieb Fontane. An seine
Worte werden die Zerbener durch die Dauer- Baustelle im Geburtshaus
der «echten Effi» fast täglich erinnert. Beim
Rundgang durch das Schloss, das bereits neue Fenster, ein neues
Dach und eine neue Fassade schmücken, stehen auch den angereisten
Studenten und ihrem Professor Gebhard Rusch die Schweißperlen
auf der Stirn. «Hier ist noch einiges zu tun», sagt
eine Studentin beim Besichtigen des ersten Stocks. «Wir
haben hier die beste Chance, Praxiserfahrung zu sammeln»,
meint Komillitone Christophe Göller, der gerade den Dachstuhl
besichtigt.
Die beiden studieren Medienplanung, -entwicklung und -beratung
(MPEB) in Siegen. In ihrem Praxisprojekt wollen sie Konzepte und
Strategien für die touristische Entwicklung der kleinen Gemeinde
in Sachsen-Anhalt erarbeiten. Die Idee dazu kam Professor Rusch
durch persönliche Beziehungen in die ostelbische Region.
«Elisabeth ist mit Blick auf die Emanzipationsbewegung eine
hochinteressantes Frau mit einem eindrucksvollen Lebenslauf»,
sagt er. «Der Roman, der einem Teil ihres Schicksals nachempfunden
ist, ist Schullektüre und er wird von den Jugendlichen trotzdem
begeistert gelesen», fügt er mit einem Augenzwinkern
hinzu. Zu den Zielen der Studenten gehört es, Sponsoren zu
finden, Voraussetzungen für kulturelle Veranstaltungen zu
schaffen, einen filmischen Beitrag für die Besucher und einen
Fernsehbeitrag zu drehen. Profitieren sollen davon beide Seiten:
Die Studenten sammeln Erfahrungen und der kleinen Gemeinde Elbe-Parey
wird unter die Arme gegriffen. Seit Ende der neunziger Jahre wurden
rund 370 000 Euro investiert, rechnet Kämmereileiterin Ingrid
Dernedde vor. «Jetzt fehlen noch etwa 150 000 Euro.»
Weitere rund 350 000 Euro seien zudem noch für die Sanierung
eines früheren Schlossflügels und seine Verbindung mit
dem Hauptgebäude aufzuwenden. «Das Schloss Zerben ist
ein Schatz, den man ausgraben muss», betont Gemeinde-Bürgermeisterin
Jutta Mannewitz. Doch der Ausbau gestaltete sich von Anfang an
schwierig. Holzschädlinge hatten große Teile des Fachwerks
und Dachstuhls zerstört. «Der echte Hausschwamm hat
uns stark zu schaffen gemacht», erklärt der mit der
Sanierung beauftragte Architekt Jens Bodenstein.
Trotz der Bauarbeiten hat sich das Schloss bereits zu einem
Anziehungspunkt für Literatur-Freunde entwickelt. In Lesungen
stellt hier die Rentnerin Luise Winkelmann Parallelen und Unterschiede
zwischen Elisabeth und Fontanes Effi vor. «Der Hunger nach
Liebe stürzte beide in die Arme des Liebhabers», erläutert
sie. «Beide Frauen werden verstoßen, geschieden, sind
einsam.» Doch während Effi an ihrem Schicksal verzweifelt
und jung stirbt, geht Elisabeth stark ihren Weg. Sie wurde stolze
98 Jahre alt. Ihre Kinder sah sie zu großem Bedauern erst
viele Jahre nach der Scheidung wieder, sagt Marianne Schünecke
vom Heimatkreis «Effi Briest». Am 5. Februar 1952
schlossen sich die Augen der «echten Effi» in Lindau
am Bodensee.