Pressespiegel
Magdeburger Volksstimme, 07.04.2005 Kultur/Roman,
Matthias Brenner inszeniert Stück nach einem weltbekannten
Roman: “Ich finde Theodor Fontanes Effi
Briest sehr modern”
Matthias Brenner inszeniert derzeit “Effi Briest”
für das Theater Magdeburg in der Alten Staatsbank am Dom.
Er hat selbst Theodor Fontanes Roman für die Bühne neu
bearbeitet und eine Fassung für 16 Schauspieler geschaffen.
Von Liane Bornholdt
Magdeburg. Theodor Fontane hat seinen Roman als 80-jähriger
geschrieben. Seit das Buch 1895 erschien, hat das Schicksal von
Effi Briest zahllose Menschen bewegt und immer wieder Diskussionen
über Ehe und Treue, über den Druck gesellschaftlicher
Konventionen und individuelle Schuld an ihrem tragischen Ende
ausgelöst.
“Mich persönlich”, sagt Matthias Brenner, der
für das Theater Magdeburg eine ganz neue Bühnenfassung
des Romans geschaffen hat und sie auch inszeniert, “interessiert
es überhaupt nicht, wie vollkommen oder unvollkommen die
Gesellschaft ist. Die Menschen sind es selbst, die ihre Schicksale
schaffen.”
Das Stück spielt bei ihm in der Originalzeit. “Das
Stück spielt in der Bismarckzeit, und das war ja die `Gründerzeit
der Bundesrepublik Deutschland’. Den Menschen ging es gut.
Sie lebten im Frieden, aber es war ein fauler Frieden.”
Insofern, meint der Regisseur, ähnele diese Zeit der heutigen.
Das Stück zeige, wie wenig die Menschen mit ihrer individuellen
Freiheit umzugehen verstehen. “Effi ”, sagt er, “geht
mit einer Haltung in das Stück, die der heutiger Jugendlicher
verwandt ist. Den Kopf wird es schon nicht kosten, denkt sie.
Sie stößt aber bei Instetten auf einen völlig
fremden, funktionierenden Lebenslauf, ohne selbst einen eigenen
Lebenslauf zu haben.”
Es sind die persönlichen Haltungen und Handlungen, die
zur Zerstörung dreier Familien führen wird. Effi wird
die Erwartungen ihrer Eltern nicht erfüllen, die sind nicht
im Stande diese Erwartungen zu revidieren und verschließen
ihre Tür vor der Tochter.
Instetten kann die Bedürfnisse des jungen Mädchens
nicht verstehen und natürlich nicht befriedigen, und er kann
sich von der Konvention nicht lösen. “Die Leute wissen,
dass sie auf einem Leck geschlagenen Schiff sitzen: ihre Gesellschaft”,
sagte Matthias Brenner den Schauspielern, “und sie bohren
es noch zusätzlich voninnen an. Aber sie tun es aus lauter
Hilflosigkeit.“
All dies seien Probleme, die heute die Menschen auch haben meint
er: “Ich halte Fontanes “Effi Briest” für
sehr modern, und man muss erkennen, dass sich seit seiner Zeit
bis heute nichts verändert hat.”
Modem und sehr schön ist für den Autor und Regisseur
auch die Sprache Fontanes. “Ich lege Wert darauf, dass wir
hier wirklich Fontanes “Effi Briest” spielen. Ich
habe es nur für die Bühne bearbeitet. Es ist zu 100
Prozent Fontanes Text, den wir spielen. Ich habe lediglich einige
Stellen, die im Roman als Briefe vorkommen in dialogische Formen
gebracht. In allen Spielszenen bin ich vom Romantext ausgegangen.”
Die anfänglichen Bedenken, der alte Text könnte den
Schauspielern Schwierigkeiten bereiten, haben sich in den Proben
sehr schnell aufgelöst. “Der Sprache Fontanes”,
sagt er, “geht sofort durch den Körper. Sie ist sehr
psychologisch aufgebaut. Die einzigen Stellen, an denen es gestolpert
hat, waren solche, an denen ich die Schnitte und Kombinationen
ungenau gesetzt hatte. Diese Sprache lässt sich nicht betrügen.
Wir haben es verändert.” Die Zuschauer des Stückes,
verspricht der Regisseur, können sich auf einen Abend mit
schauspielerischem Glanz freuen. Bei seinen früheren Arbeiten
in Magdeburg (“Haven” und “Flinke Fäuste”)
wäre die Arbeit mit den Magdeburger Schauspielern auch schon
sehr schön gewesen, aber diesmal sei er richtig begeistert
und tief beeindruckt.
Der Roman wird als richtige Saga mit 16 Schauspielern inszeniert,
und Melanie Straub werde eine bemerkenswerte Effi sein. Den Baron
von Instetten wird Jon-Kaare Koppe spielen.
Aber alle Rollen, sagte Matthias Brenner, auch die kleinsten
Nebenrollen, werden, mit großer Sorgfalt und Können
gespielt, und sie haben bei ihm auch großes Gewicht.